Ein Abgasturbolader besteht meist aus einer Abgasturbine und einem Turboverdichter auf einer gemeinsamen Welle. Sie sind als radiale Strömungsmaschinen ausgebildet, das heißt das Gas strömt bei der Turbine von außen nach innen und beim Verdichter von innen nach außen. Der Abgasstrom versetzt das Turbinenrad in Rotation. Dessen Drehmoment und Drehzahl wird über die gemeinsame Welle auf das Verdichterrad im Ansaugtrakt übertragen.

 

Turboloch

Solange genügend Abgas anströmt, reicht die Drehzahl aus, um auf der Ansaugseite einen Überdruck zu erzeugen. Dieser Zustand wird (bei üblichen Kfz-Motoren) erst bei höherem Gasdurchsatz ab Motordrehzahlen von etwa 1500 bis 2000 min−1 erreicht, so dass Turbomotoren im unteren Drehzahlbereich nur als Saugmotoren arbeiten. Auch bei höheren Drehzahlen und niedriger Last reagieren sie verzögert auf plötzliches Gasgeben, weil der Turbolader erst höhere Drehzahl erreichen muss, um den Ladedruck aufzubauen. Diesen Effekt nennt man Turboloch.

 

Leistungssteigerung

Die an der Kurbelwelle messbare Leistungssteigerung beruht zu einem kleinen Teil auf einem verbesserten Wirkungsgrad, zum größten Teil aber darauf, dass in der größeren Luftmenge im Zylinder mehr Kraftstoff verbrannt werden kann. Dies führt zu höherem Motor-Mitteldruck, höherem Drehmoment und folglich auch mehr Leistung. Bei Otto-Turbomotoren muss oft gegenüber einem Saugmotor das Verdichtungsverhältnis verringert werden, da es ansonsten infolge zu hohen Gesamtdrucks und daraus resultierender hoher Temperatur zur unkontrollierten Zündung des Kraftstoff-Luft-Gemisches kommen kann (Klopfen).

 

Ladeluftkühlung

Anders als im Saugmotor, bei dem sich die angesaugte Luft wegen des Unterdrucks adiabatisch im Ansaugtakt abkühlt, führt die Kompression zu einer deutlichen Erwärmung der Luft auf bis zu 150 °C. Weil warme Luft eine geringere Dichte hat, lässt sich die Füllung und damit die Leistung des Motors noch weiter steigern, indem die Ladeluft nach der Kompression durch einen Ladeluftkühler gekühlt wird. Ladeluftkühlung wird bei praktisch allen modernen aufgeladenen Motoren angewandt. Da der Ladeluftkühler einen Strömungswiderstand hat und so den vom Verdichter erzeugten Druck wieder etwas vermindert, sollte er eine Abkühlung um mehr als 50 K bewirken, um die erwünschte Leistungssteigerung gegenüber einem Motor ohne Ladeluftkühlung zu erzielen.

Bei Motoren, bei denen eine möglichst hohe Leistungsabgabe Vorrang vor der Lebensdauer hat, kann die Ladeluft auch durch eine zusätzliche Wassereinspritzung oder Einspritzung eines Wasser-Alkohol-Gemisches direkt in den Ansaugtrakt gekühlt werden, was eine weitere Steigerung der Leistung ermöglicht.

 

Leistungsregelung & Bypass-Ventil

Einfache ungeregelte Turbolader haben – wie alle Turbomaschinen – einen engen Betriebsbereich mit bestem Wirkungsgrad, der sich nur schwer auf das Motorkennfeld abstimmen lässt. Ein auf die Maximalleistung des Motors ausgelegter Lader würde bei mittlerer Leistung zu wenig Druck aufbauen. Bei niedrigem Gasdurchsatz tritt ein Ansaugdruckverlust ein, weil das langsame Verdichterrad der Strömung beim Ansaugen im Wege steht. Daher werden Turbolader für Pkw kleiner ausgelegt als es sich für eine (theoretische) Motor-Maximalleistung ergeben würde. Bei der sich ergebenden tatsächlichen Maximalleistung wird ein Teil des Abgases über ein Bypass-Ventil, auch „Wastegate“ genannt, an der Turbine vorbei geleitet. Neuere Bauarten sind verstellbare Leitschaufeln an der Turbine („variable Turbinegeometrie“) und Registeraufladung mit zwei meist verschieden großen Turboladern, zwischen denen der Abgasstrom variabel aufgeteilt werden kann; diese beiden Konzepte können auch kombiniert werden.

 

Drehzahl und Lagerung der Turboladerwelle

Turbine und Verdichter arbeiten mit Schaufelrädern, um Strömungsenergie in eine Drehbewegung umzusetzen und umgekehrt. Moderne Turbolader können Drehzahlen bis zu 290.000 Umdrehungen pro Minute erreichen (zum Beispiel smart Dreizylinder-Turbodiesel). Für so hohe Drehzahlen muss die Turboladerwelle in einem hydrodynamischen Gleitlager gelagert werden. Einige Turbolader haben außer den Ölversorgungsanschlüssen auch Anschlüsse für den Kühlwasserkreislauf.

Teilweise werden zusätzlich zu den Gleitlagern ein oder zwei keramische Kugellager eingesetzt. Kugelgelagerte Turbolader haben eine geringere Reibung, was sie schneller ansprechen lässt. Das beschleunigt den Drehzahlanstieg des Laders und lässt den Ladedruck früher einsetzen.